Egal, was wir sagen und wie wir es sagen – Reden hat immer etwas mit Rhythmus zu tun. Wobei ich gleich anmerken muss, dass für mich auch die ungelenkesten Tonaneinanderreihungen einen Rhythmus bilden. Frei nach Watzlawick: Man kann nicht keinen Rhythmus haben. Oder: Auch der einarmige Deutsche auf der Klatscholympiade hat so etwas wie einen Rhythmus. Ob das jetzt gut klingt, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Darum habe ich immer ein Ideal vor Augen, wenn ich eine Rede vorbereite: Jazz.
Bei einer guten Rede haben jeder Satz, jeder Absatz und die ganze Rede einen Rhythmus, der das Publikum mitzieht. Dazu sollten wir unsere Inhalte auf der einen Seite cool als Standard abrufen können und auf der anderen Seite so gekonnt improvisieren, dass keine Rede wie die andere ist. Und das Ganze sollten wir dann in einer Lässigkeit vortragen, wie sie sonst nur Jazz-Musiker haben.
Wie gesagt: Das ist ein Ideal. Und der Weg dorthin benötigt sehr viel Übung. Auch Miles Davis musste erst einmal lernen, wie man eine Trompete hält und wie man überhaupt einen Ton aus diesem Ding herausbekommt. Ich bin sehr froh, dass er diese Arbeit auf sich genommen hat. Dass er sich nicht gescheut hat, Töne, Techniken und Harmonien zu lernen. Dass er immer weiter gemacht hat.
Das ist für mich eine Motivation, ebenfalls zu üben. In der Rhetorik gibt es so viel zu lernen: Von der Struktur und dem Aufbau einer Rede über die unterschiedlichsten rhetorischen Mittel und Wortbilder, der Bewegung und der Aussprache bis hin zu Details und Feinheiten, die eine Rede rund machen. Kurz: Es geht darum, im richtigen Augenblick, den richtigen Ton zu treffen.
Aus meiner Erfahrung merke ich, dass sich diese Arbeit lohnt. Am Anfang habe ich sehr bewusst darauf geachtet, was ich wann, wie und warum sage. Aber das wurde immer leichter. Irgendwann haben meine Reden ihren eigenen Rhythmus bekommen. Nach einiger Zeit konnte ich gelernte Elemente und Techniken einer Rede spontan improvisieren und einen besonderen Flow reinbringen. Und irgendwann werde ich das Ganze noch besser und lässiger auf die Bühne bringen, denn im Jazz lernt man niemals aus.
Also: Lasst uns anfangen zu üben. Lasst uns reden, damit unsere Reden wie Jazz werden – anregend, aufregend und voller Sex-Appeal.